Die Bilder von Pjotr und Valery

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München

"Nike"

7. Jahrgang Okt/Nov 89

New Art in Europe No. 30

 

PIORT VALIUS: Inquisition, 1966

Lia Linder


Marginalien - Aspekte zur zeitgenössischen Kunst aus der Sowjetunion

 


Zwei Ausstellungen, die auf unterschiedliche Weise sowjetische Kunst präsentieren und Etappen westlicher Kunstrezeption widerspiegeln.
38 Werke von 21 Künstlern zeigte das Kulturreferat, München aus einer Privatsammlung, die in den letzten zehn Jahren entstanden ist. Die Altersgruppe der Künstler ist breit gefächert, der älteste ist 1910, der jüngste 1960 geboren. Sammlungssschwerpunkte sind die Städte Moskau, Riga, Vilnius und Eriwan. Die Werke - unterschiedlichster Stilrichtungen - entstanden in den letzten 20 Jahren. Mit dieser Kunst-Schau ist - trotz erheblicher Qualitätsunterschiede - ein unorthodoxer, unmittelbarer Eindruck möglich gewesen, der festgefahrene Vorurteile im Westen erneut widerlegt, wie auch im Beiblatt zur Ausstellung betont wird: »Seit einigen Jahren hat sich das Bild, das man sich im Westen von der Kunst in der Sowjetunion gemacht hat, stark gewandelt. Immer mehr wird erkannt, daß die sowjetische Malerei schon seit Mitte der 60er Jahre nicht mehr nur aus dem sozialistischen Realismus besteht.„
Seit 12 Jahren lebt Valery Valius, aus Moskau stammender Geophysiker und Künstler, im Westen Europas. Als er 1977 emigrierte, brachte er einen Teil der Bilder seines Vaters mit, in der Hoffnung, daß »man« im Westen den Bildern Aufmerksamkeit und Interesse entgegenbringen wird, zumal sie jene hartnäckige These bereits vor 12 Jahren am Beispiel dieser Bilder hätte mit entkräften können. Die Bilder Pjotr Valius' (1912-1971), der sich seit 1947 überwiegend der Malerei widmete, zeigen eine hohe künstlerische Reife und eine überzeugende In-sich-Geschlossenheit des Werkes. Teils in metaphorischer Bildsprache sind die Themen Audruck des existentiellen Daseins, in abstrakter wie konkreter Form, wie das Bild »Inquisition« von 1966 zeigen mag. Doch Pjotr Valius' Bilder bleiben trotz Leid nie ganz ohne Hoffnung, die sich besonders im Gebrauch der von ihm gewählten Farben symbolhaft ausdrückt.
In einem 1983 gegebenen Interview bemerkte Valery Valius über das Schicksal der Bilder seines Vaters, » . . . meistens stehen sie mit dem Gesicht zur Wand.« Daran hat sich in der Zwischenzeit noch wenig geändert. Aber auch im Westen ist die Hoffnung auf eine Öffnung vielleicht nicht erfolglos.
»Zeitgenössische Sowjetische Malerei« - Aus einer Münchner Privatsammlung, veranstaltet vom Kulturreferat, München vom 17. 6.-16. 7. 89 und Valery Valius, Bilder in der Freiraum-Galerie Juni/Juli 1989 Haus der Begegnung Juli/August 1989